Von starken Tieren lernen

Zum Buch mit Tiertarot:

Im Schamanismus indigener Völker und Stämme gibt es das sogenannte „Kraft-Tier“, das bei Anrufung Schutz und Zugang zu anderen Welten und Wirklichkeiten bedeutet. Auch in unseren europäischen Märchen und Sagen begegnen wir häufig dem „hilfreichen Tier“, das als weiser Ratgeber, aber auch als Beschützer, Retter und Erlöser auftreten kann. Stellvertretend zeigen wir am Beispiel von zwanzig Tieren deren Stärke und Weisheit. Wir ziehen Parallelen zwischen der Kraft des jeweiligen Tieres und der realen Welt, den Bedürfnissen, Ängsten und Träumen des Kindes.

Ein Tier und das dazugehörige Charakterbild auf sich wirken zu lassen, bringt ein Kind in Kontakt mit seiner eigenen inneren Welt und deren verborgenen Schätzen und Resourcen. Es kann sich in das entsprechende Tier einfühlen und mit seinen stärkenden Eigenschaften identifizieren.

Mitgefühl und Empathie zu entwickeln gehört zum Gelingen im sozialen Lernbereich, und ist darüber hinaus die Basis von Menschlichkeit.

In den Texten sind dazu Fragen oder Lösungsvorschläge enthalten, die auch andere Teilnehmer mit einbezieht. Es wird also von allen geteilt und mit allen kommuniziert, ob es jetzt um Wissenswertes geht, um persönliches Erleben, darum sich berühren zu lassen oder einfach miteinander zu lachen.

Von starken Tieren lernen geht so:

Die 20 Karten mischen und eine ziehen. Im Buch das Tier finden, den Text vorlesen und mit den Kindern diskutieren.

Ideal für Eltern, Großeltern, ErzieherInnen und GrundschullehrerInnen. Und für alle Kinder, die ihr persönliches „Kraft-Tier“ finden wollen.

Auszüge aus dem Inhalt:

Der Fischotter

Der Otter ist ein ganz ein Flotter, besonders in den Gewässern von Seen, Flüssen und Sümpfen, in dem er sich gerne tummelt. Er ist so flott, dass kaum ein Fisch seinen starken Zähnen entkommen kann. Doch ein Fischotter fängt gerade soviel, wie er zum Leben braucht; im Gegensatz zum Menschen, der ein ungleich größerer Fischräuber ist.

Der Otter liebt es, in der Sonne zu baden und von eigens angelegten Rutschbahnen ins aufspritzende Wasser zu sausen. Am besten rudelweise und mit Vergnügen, denn der Otter ist ein ausgesprochenes Familientier. Beide Eltern kümmern sich fürsorglich um ihre Jungen, die länger bei ihnen bleiben, als es bei anderen Wildtieren üblich ist.

In deiner Karte lädt dich der liebenswerte Otter zum Spielen ein. Zum spielerischen Umgang mit den Aufgaben, die das Leben bringt. Beim Spielen können einem ja zuweilen die besten Ideen kommen. Sogar für den Ernst des Lebens oder für manche Hausaufgaben. Etwas spielerisch anzugehen bedeutet oft, verschiedene Wege auszuprobieren und mehrere Möglichkeiten durchzuspielen. Probieren geht über Studieren, heißt es doch so schön.

Wenn es damit ganz kniffelig wird, kann es hilfreich sein, im Zusammenspiel mit anderen nach Lösungen zu suchen, beziehungsweise sie zu finden. Miteinander und voneinander zu lernen, macht wesentlich mehr Spaß, als alleine vor sich hin zu brüten.

Außerdem – meint der Otter – geht es auch flotter!

Der Schmetterling

Schmetterling – du leichtes Ding. Genau das bringt er dir, die Leichtigkeit des Seins, die Freude am Dasein. Der Gaukler der Lüfte ist er, taumelt verzückt von Blume zu Blume, berauscht vom süßen Nektar, den er aus ihr saugt. Nascht hier ein bisschen, dort ein bisschen, verweilt nur kurz, ein flüchtiger Bruder Leichtfuß oder Leichtflügel, schon wieder unterwegs ins nächste Abenteuer. Ein lichtes, zartes Wesen – oder strahlend bunt, mit prachtvollen Mustern versehen – das uns die Augen für die Schönheit der Welt öffnet. Für die hellen Seiten des Lebens, den Tanz der Lebendigkeit, den Tanz der Schmetterlinge, für all die Düfte und Farben ringsum.

Jetzt bist du gerade das Blümchen, das er sich auserkoren hat. Welcher Duft mag ihn wohl angezogen haben? Etwas in dir womöglich, was sich in dir entfalten möchte, zum Blühen kommen will …? Was wispert er dir ins Ohr, der leichtgeflügelte Geselle? Dass das Leben ein Abenteuer sei – wenn man nur in Bewegung bleibt? Eine leuchtende Blumenwiese, die auf dich wartet, um von dir entdeckt zu werden? Und während du dies hörst, bemerkst du vielleicht, wie du dir vieles vorstellen kannst? Dass in deiner Fantasie alles möglich ist? überall hinzureisen – und das, ohne einen lumpigen Cent auszugeben! Auf dem Rücken eines Schmetterlings oder selber als Schmetterling – wie wäre das?

Und wenn du magst, könntest du ein Bild von dieser Reise malen oder eine kleine Geschichte schreiben – oder auch erzählen –, beflügelt von der Zauberkraft der Fantasie, mit der du dir deine eigene, bunte Welt erschaffen kannst.

Der Hase

»Mein Name ist Hase.« Das wird gerne gesagt, wenn man sich lieber verdrücken will, also nix wie weg sein möchte. Auch der Begriff »Angsthase« ist wohlbekannt. Was hat denn das nun mit einem Krafttier zu tun?

Der Hase wurde in den alten Märchen nicht umsonst als Meister bezeichnet, nämlich als »Meister Lampe«. Er hat es meisterlich verstanden zu überleben, obwohl seit Jahrtausenden so viele tierische und menschliche Jäger hinter ihm her sind. Schnell wie der Wind zeigt er selbst Windhunden, was ein rasanter Haken ist, und kann sich damit auch vor der Kugel des Jägers retten. Seine Angst hilft ihm dabei, durch rasche Flucht zu entkommen.

Ist der Hase in deine Karte gehoppelt, macht er dich auf das Thema Angst aufmerksam. Angst ist sinnvoll, wenn Gefahr droht, indem sie uns warnt und wach macht. Angst macht uns auch unsere verletzlichen Seiten bewusst. Vielleicht kennst du die Angst, etwas nicht zu schaffen oder nicht zu können. Nicht dazu zu gehören. Nicht gut genug zu sein. Dann schau dir mal den Hasen an: Er ist so ein kleines, verwundbares Tier und gerade deshalb so liebenswert! Er zeigt uns, dass man nicht immer groß und stark sein muss, um geliebt zu werden.

Ein gutes Wort, ein bisschen Streicheln kann wohltuend und heilend sein, wenn es uns nicht so gut geht. Sogar, wenn du das selber tust – zum Beispiel einen Hasen streichelst. Stärker als jede Angst ist Liebe, die stärkste Kraft, die es überhaupt gibt.

Ist das nicht eine starke Karte, die du bekommen hast? Was meinst du jetzt dazu?